Viele Schwangere und Mütter wissen nicht, ob und inwieweit das Mutterschutzgesetz auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Es geht um Lohnfortzahlung, den Urlaubsanspruch, Kündigungsmodalitäten und das Beschäftigungsverbot. Wir zeigen auf, welche rechtlichen Besonderheiten zu beachten sind und stehen für Rückfragen gern zur Verfügung.
Beschäftigungsverbote in der Schwangerschaft und Mutterschutzlohn
Berufstätige, schwangere Frauen und Mütter genießen in Deutschland ein Recht auf besonderen Schutz und besondere Fürsorge nach Maßgabe des Gesetzes zum Schutz der erwerbstätigen Mütter. Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) gilt ausschließlich für als Arbeitnehmerin beschäftigte Schwangere und Mütter sowie darüber hinaus für in Heimarbeit beschäftigte Arbeitnehmerinnen. Schwangere Beamtinnen sowie Selbständige, Schülerinnen und Studentinnen sind von den Regelungen des Mutterschutzgesetzes nicht mitumfasst.
Dem Schutzzweck des Gesetzes entsprechend liegt ein Rechtsanspruch auf sichere Arbeitsbedingungen für werdende und (stillende) Mütter vor. Für die Einhaltung der Schutzbestimmungen ist ausschließlich der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht verantwortlich.
Was ist das Beschäftigungsverbot?
Grundsätzlich besteht für die werdende Mutter ein Beschäftigungsverbot in den letzten 6 Wochen vor der Entbindung, wobei sich die Berechnung für diese Schutzfrist nach dem, von dem betreuenden Arzt errechneten Entbindungstermin richtet. Das Beschäftigungsverbot in diesen letzten 6 Wochen vor der Entbindung ist abdingbar, das heißt, die werdende Mutter kann – auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin – weiter beschäftigt werden. Der Widerruf einer solchen Weiterbeschäftigung ist jederzeit möglich.
Nach der Entbindung besteht das Beschäftigungsverbot für weitere 8 Wochen, wobei sich die Schutzfrist bei Mehrlingsgeburten auf 12 Wochen verlängert. Zum Schutz von Mutter und Kind kann diese Frist – auch bei explizitem Wunsch der Mutter – nicht verkürzt werden. Diese Schutzfrist ist unabdingbar und stellt mithin ein absolutes Beschäftigungsverbot für den Arbeitgeber dar.
Während dieser Schutzfristen erhält die Schwangere respektive Mutter Mutterschaftsgeld, das die Krankenkasse bis zu einem Höchstbetrag von 13,00 €/Kalendertag zahlt. Der Arbeitsgeber zahlt hierzu im Sinne des § 14 Abs. 1 MuSchG einen Mutterschaftsgeldzuschuss in Höhe des Differenzbetrages des durchschnittlichen kalendertäglichen Netto-Arbeitsentgeltes der letzten drei abgerechneten Kalendermonate bzw. der letzten 13 Wochen, den er allerdings auf Antrag über das Umlageverfahren 2 (U2-Verfahren) zurück erstattet bekommt.
Individuelles und generelles Beschäftigungsverbot
Neben diesen allgemeinen Schutzvorschriften sind im MuSchG außerdem individuelle, das heißt auf die persönliche, gesundheitliche Gefährdung bezogene, oder generelle, das heißt auf den Arbeitsplatz bezogene, Beschäftigungsverbote geregelt.
Individuelles Beschäftigungsverbot
Das individuelle Beschäftigungsverbot ist in § 3 Abs. 1 MuSchG normiert. Für die Aussprache desselben, das grundsätzlich durch einen Arzt zu erfolgen hat, ist maßgeblich, ob durch die Fortführung der Beschäftigung die Gesundheit von Mutter und/oder Kind konkret gefährdet wird. In Betracht kommen hier „normale“ Beschwerden der Schwangerschaft, wie beispielsweise erhebliche Übelkeit oder Erbrechen bei bestimmten Gerüchen, eine Risikoschwangerschaft, die Neigung zu Fehlgeburten, eine Schwangerschaftsallergie oder Kreislaufinstabilität. Darüber hinaus kann ein individuelles Beschäftigungsverbot im Ausnahmefall auch durch eine besondere psychische Belastung begründet sein. Der Arzt hat außerdem die Möglichkeit, das Beschäftigungsverbot nur partiell, das heißt nur für bestimmte Tätigkeiten oder Zeiten, auszusprechen.
Das individuelle Beschäftigungsverbot wird einzig durch den Arzt mittels eines schriftlichen Attestes ausgesprochen, welches sodann gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG gegenüber dem Arbeitgeber nach Vorlage desselben wirksam wird und für ihn bindend ist.
Generelles Beschäftigungsverbot
Das generelle Beschäftigungsverbot nach § 4 MuSchG ist hingegen arbeitsplatzbezogen und zielt nicht auf den Gesundheitszustand der werdenden Mutter ab. Maßgeblich hierbei sind die Auswirkungen der Tätigkeit auf die Schwangerschaft. Find full details beneath online casino kostenlos book of ra.
Den Arbeitgeber trifft ausweislich der Mutterschutzverordnung und weiterer Rechtsvorschriften die grundsätzliche Verpflichtung, sich Gedanken über zulässige Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen für schwangere Arbeitnehmerinnen in seinem Betrieb zu machen. Im Rahmen dieser verpflichtenden Aufgabe hat er eine „Gefährdungsbeurteilung“ durchzuführen und entsprechende Schutzmaßnahmen hiervon abzuleiten. Zudem hat er zum Schutz von Leben und Gesundheit der werdenden Mutter alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Im Einzelnen hängt dies von der jeweiligen Tätigkeit ab. So hat der Arbeitgeber z.B. für den Fall, dass die Schwangere im Rahmen ihrer Tätigkeit ständig stehen oder gehen muss, Sitzgelegenheiten zum Ausruhen bereit zu stellen. Sollte die Tätigkeit jedoch vorwiegend im Sitzen vorgenommen werden, hat der Arbeitgeber die regelmäßige Gelegenheit einzuräumen, kurze Unterbrechungen vorzunehmen. Aus dem Gesetz lässt sich überdies das Vorhalten einer Liegemöglichkeit ableiten. Auch eine Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz ist möglich.
Der Arbeitgeber hat das Nachtarbeitsverbot zwischen 20:00 und 6:00 Uhr sowie das Verbot an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten, zu berücksichtigen, wobei einzelne Branchen, wie Gastronomie, Musik- und Theateraufführungen und das Beherbergungswesen sowie das Krankenhauswesen hier Ausnahmen darstellen.
Bei dem generellen Beschäftigungsverbot handelt es sich um ein gesetzliches, das heißt der Arbeitgeber, der sich für die Einhaltung der Vorschriften voll verantwortlich zeigt, hat es nach seiner – im Rahmen der „Gefährdungsbeurteilung“ ermittelten – negativen Gesamtprognose, bei der idealerweise ein Betriebsarzt und/oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit mit einbezogen werden sollten, uneingeschränkt zu berücksichtigen.
Abgrenzung: Individuelles Beschäftigungsverbot zur krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit
Vom individuellen Beschäftigungsverbot abzugrenzen ist die Arbeitsunfähigkeit, namentlich eine Erkrankung, die in keinem Zusammenhang zur Schwangerschaft steht, wobei hiervon der krankhafte Verlauf der Schwangerschaft ausgenommen ist. Im Fall von vorzeitiger Wehentätigkeit, Blutungen oder Ähnlichem liegt nämlich in aller Regel eine Arbeitsunfähigkeit vor. Die Abgrenzung zum individuellen Beschäftigungsverbot ist nicht immer ganz unkompliziert. Allerdings ist genau diese Unterscheidung erheblich für den Zahlungsanspruch der werdenden Mutter respektive wesentlich für den zur Zahlung Verpflichteten gegenüber der Schwangeren.
Lohnfortzahlung bei Beschäftigungsverbot
Während eines Beschäftigungsverbotes hat die werdende Mutter gemäß § 11 Abs. 1 MuSchG einen Anspruch auf Zahlung ihres Lohnes gegenüber dem Arbeitgeber.
Maßgeblich hierbei ist der Durchschnittslohn. Dieser ergibt sich aus dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten 3 Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist. In Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis erst nach Eintritt der Schwangerschaft begonnen wird, sind die ersten 13 Wochen oder 3 Monate des Beschäftigungsverhältnisses maßgeblich. Der Durchschnittsverdienst errechnet sich wie folgt: 3 x Brutto-Monatslohn / 65 Tage = Anspruch pro Beschäftigungstag.
Wird also ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen, hat die werdende Mutter einen zeitlich unbegrenzten Anspruch auf Zahlung des vollen Gehalts (Mutterschutzlohn). Dieser Anspruch richtet sich gegen ihren Arbeitsgeber, der im Sinne der §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. II AAG (Aufwendungsausgleichsgesetz) auf Antrag über das U2-Verfahren diese Zahlung von der Krankenkasse zurück erstattet bekommt.
Während der Schutzfristen vor und nach der Entbindung hat der Arbeitgeber Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld sowie die Arbeitgeberanteile an den Beiträgen zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Pflege und Arbeitslosenversicherung zu zahlen, die er jedoch ebenfalls in vollem Umfang ersetzt bekommt.
Gehaltsanspruch und Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit
Für den Fall, dass gegenüber der werdenden Mutter kein Beschäftigungsverbot ausgesprochen, sondern eine Arbeitsunfähigkeit attestiert wird, erhält die Schwangere in diesem Fall die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber und hat nach 6 Wochen Anspruch auf Krankengeld von der Krankenkasse, bei der sie versichert ist.
Dienstwagen bei Beschäftigungsverbot und während der Schutzfristen
Während eines Beschäftigungsverbots nach §§ 3 Abs. 1 oder 4 MuSchG sowie während der Schutzfristen vor und nach der Entbindung besteht der Anspruch der werdenden oder der jungen Mutter auf die weitere Überlassung des Dienstwagens zu privaten Zwecken fort, sofern dieser als Sachbezug zum Arbeitsentgelt zu werten ist (BAG-Urteil vom 11.10.2000 zu AZ: 5 AZR 240/99).
Urlaubsanspruch bei Beschäftigungsverbot
Im Sinne des § 17 MuSchG erwirbt die Schwangere auch für Zeiten des Beschäftigungsverbots einen Urlaubsanspruch, obwohl sie nicht gearbeitet hat. Ausfallzeiten wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote werden nämlich als Beschäftigungszeiten gewertet. Der Urlaub kann nach Ablauf der Schutzfristen im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beansprucht werden.
Kündigung bei Schwangerschaft und während Elternzeit
Dem Schutzzweck des Gesetzes entsprechend ist die Kündigung einer Schwangeren oder einer jungen Mutter, die innerhalb von vier Monaten nach der Entbindung erfolgt, nach § 9 Abs. 1 MuSchG unzulässig. Gemäß § 17 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Erziehungsgesetz (BEEG) besteht darüber hinaus – sofern die junge Mutter Elternzeit in Anspruch nimmt – auch während dieser Zeit ein generelles Kündigungsverbot für den Arbeitsgeber.
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Rechtsanwältin Ulrike Werner ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und berät Mandantinnen bundesweit, wenn es um rechtliche Fragen zur Schwangerschaft, dem Beschäftigungsverbot, Mutterschutz, Urlaubsansprüche und Kündigungsmodalitäten geht. Gern können Sie anrufen und mit uns in Verbindung treten!